Dr. Hans-Dieter Bottke · Am Pfaffenberg 3 · 55743 Idar-Oberstein | Mail: info@drbottke.de

Europäische Union: Gravierende Demokratiedefizite sowie Fehler im Eurosystem

In den nachfolgenden Beiträgen will ich auf gravierende Demokratiedefizite der Europäischen Union hinweisen und neben grundsätzlichen Legitimationsproblemen auch Zusammenhänge mit der Eurokrise aufzeigen. Dabei sollen auch einige ökonomische Zusammenhänge in allgemeinverständlicher Form zur Sprache kommen.

Bevor ich auf die kritischen Aspekte – wie in der Überschrift bereits zum Ausdruck gebracht – zu sprechen komme, möchte ich zunächst betonen, dass ich vieles, das mit der sogenannten ‚Europäischen Idee’ verbunden wird, nachdrücklich unterstütze. Es sind dies vor allem die im Zuge langer geschichtlicher Prozesse entwickelten Werte wie die jedem Menschen gleichermaßen zukommende Würde, die daraus abgeleiteten Prinzipien der Demokratie, des Rechtsstaates und der Gewaltenteilung sowie der seit dem Ende des furchtbaren Zweiten Weltkrieges etablierte Friedensgedanke: Ein sehr großer historischer Fortschritt beseht in der Schaffung einer stabilen Friedenszone in Europa von früher sich immer wieder bekriegenden Staaten, so daß sich in meiner Generation wohl kaum jemand mehr ernsthaft vorstellen kann, gegeneinander Krieg zu führen. Ebenfalls empfindet eine große Mehrheit der Bevölkerung in allen Mitgliedstaaten die Freizügigkeit, die sich nicht nur auf das Reisen beschränkt, mit ihren vielfältigen wirtschaftlichen und kulturellen Verflechtungen als im wesentlichen sehr positiv. Kein vernünftiger Mensch wird hierauf verzichten wollen. Trotz all dieser sehr zu begrüßenden Fortschritte der letzten Jahrzehnte, die es aus meiner Sicht unbedingt zu erhalten gilt, werde ich nachfolgend Kritikpunkte anführen, welche sehr grundsätzlicher Natur sind und die oben genannten, positiven Errungenschaften nachhaltig gefährden können. Bereits vor mehreren Jahren warnte ich vor Fehlentwicklungen beim europäischen Einigungsprozess und deren möglichen, negativen Folgen:

„Die Europäische Union ist mehr als nur einen loser Völkerbund im Kleinen, weil die ihr angehörenden Nationalstaaten bedeutende Bereiche ihrer Souveränität an diese Organisation abgegeben haben. Wie begrüßenswert auch immer alle Fortschritte (s.o.) sind, so muß doch einiges kritisiert werden. Zunächst sind hierbei an mehreren Stellen sowohl ein erhebliches Demokratiedefizit als auch eine teilweise mangelhafte Gewaltenteilung auszumachen. Weder die verschiedenen Europäischen Räte, besetzt mit Vertretern der Exekutive der Nationalstaaten, noch die Kommission sind hinreichend demokratisch legitimiert. Erstere sollten als Regierungsvertreter keine Gesetzgebungskompetenz besitzen, da dies die Gewaltenteilung aufhebt. Die Zusammensetzung letzterer wird maßgeblich durch eben diese Vertreter bestimmt, auch wenn das Europäische Parlament zustimmen muß. In der politischen Praxis werden von diesen Institutionen – also der Europäischen Räte sowie der Kommission – sehr häufig weitreichende Entscheidungen getroffen, welche das Leben der Menschen in der Europäischen Union stark beeinflussen, ohne daß ein hinreichender öffentlicher Diskussionsprozeß stattgefunden hat. Desweiteren werden die Befugnisse der nationalen Parlamente dadurch in unerträglicher Weise eingeschränkt, so daß die Bürger durch die Wahl ihrer Abgeordneten kaum oder gar keinen Einfluß mehr auf wichtige Politikfelder nehmen können. Dieser Zustand ist völlig inakzeptabel! Aber auch das Europäische Parlament ist kein Hort der Demokratie. Ein elementarer demokratischer Grundsatz wird allein schon bei der Wahl der Abgeordneten sträflich mißachtet, nämlich daß die Stimme jedes Wahlbürgers gleiches Gewicht besitzen muß. Dies ist aber nicht der Fall, da für die Wahl eines Abgeordneten aus einem kleineren Mitgliedsland viel weniger Voten als aus einem größeren erforderlich sind. Ein weiteres demokratisches Defizit stellt die fehlende europäische politische Öffentlichkeit dar.

Notwendige Diskussionsprozesse können schon allein wegen der Sprachbarrieren nicht gesamteuropäisch stattfinden. Trotz vielfältiger gemeinsamer kultureller Wurzeln gibt es dennoch kein ‚europäisches Volk’ und damit keinen legitimen Souverän, wobei die verschiedenen Muttersprachen nur ein, wenn auch sehr wichtiger Ausdruck der verschiedenen Nationalkulturen sind. Solange es aber ein die Demokratie legitimierendes Staatsvolk nicht gibt, weil die meisten Menschen in Europa dies zurzeit nicht wollen, existiert überhaupt keine Grundlage für demokratische Entscheidungen! Infolgedessen kann es vorerst keine ‚Vereinigten Staaten von Europa’ geben, sondern es müssen Regelungen gefunden werden, welche die bisherigen Nationalstaaten mit Kernkompetenzen weiterbestehen lassen, so daß man eher ein ‚Europa der Vaterländer’ anstreben sollte. Viele Bürger, welche die Fortschritte Europas durchaus zu schätzen wissen, fühlen sich durch intransparente und undemokratische Entscheidungen entmündigt sowie ohnmächtig, sich durch Wahlen und Abstimmungen dagegen wehren zu können. Dies ist möglichst zügig grundlegend zu ändern und zwar sowohl aus prinzipiellen, die Menschenwürde betreffenden Gründen, als auch um der Erhaltung dieser Gemeinschaft selbst willen, da bei einer zu großen Frustration der Bürger unter Umständen viele positive Errungenschaften ebenfalls Schaden nähmen. Die Volksabstimmungen in Frankreich und den Niederlanden zur Verfassung der Europäischen Union im Jahr 2005 haben die eben aufgeführten Bedenken eindrucksvoll bestätigt: Der Verfassungsentwurf ist mehrheitlich in beiden Ländern abgelehnt worden, obwohl ihn die politische Klasse fast einhellig befürwortet und für dessen Zustimmung vehement geworben hat. In vielen, wenn nicht gar in allen Mitgliedsländern der Europäischen Union herrscht bei der weit überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung ein Bewußtsein vor, welches im Nationalstaat die entscheidende Institution der demokratischen Legitimation sieht und eben nicht in Europa als Ganzem. Es gibt kein europäisches Staatsvolk, solange die allermeisten Menschen dies nicht wollen, und sie wollen es zurzeit nicht! Sie verstehen sich zunächst einmal als Bürger eines bestimmten Landes und dann erst als Europäer. Infolgedessen müssen die wesentlichen Entscheidungen, die das Zusammenleben in einem Land regeln, dort durch demokratische Verfahren getroffen werden, um Legitimität beanspruchen zu können. Dem stehen selbstverständlich gesamteuropäische Abkommen nicht prinzipiell entgegen, wie beispielsweise ein gemeinsamer Markt verbunden mit Reise- und Niederlassungsfreiheit. Nur muß jedes Land eben für sich demokratisch entscheiden, wie weit die Integration für dasselbe gehen soll.Ich sondern nur gegen von politischen Eliten ohne Zustimmung der davon Betroffenen verordnete!

Es ist daher prinzipiell möglich, wenn es dem Willen der Mehrheit der Menschen in einigen Ländern entspricht, verstärkt Kompetenzen an eine supranationale Institution abzugeben und diese dann natürlich einer gemeinsamen demokratischen Kontrolle unterliegt. Dabei kann es durchaus zu einem staatsähnlichen Gebilde kommen, wodurch wesentliche, ursprünglich nationale Kompetenzen auf die neue Ebene übertragen werden. Aber genau dies wollen die Menschen in Europa eben im Augenblick so nicht. Für sie stellt weiterhin der Nationalstaat die wesentliche Bezugsgröße und Identifikationsquelle dar. Und genau darin gründet im wesentlichen die Ablehnung in den beiden genannten Ländern. Obgleich in dem zur Abstimmung vorgelegten Verfassungsentwurf sogar Volksabstimmungen auf europäischer Ebene vorgesehen waren, ist dies unter den genannten Voraussetzungen insofern kein demokratischer Gewinn, als daß im Verständnis der Bevölkerungen der einzelnen Länder kein entsprechendes Zusammengehörigkeitsgefühl in einem Maße existiert, welches eine hinreichende Basis für die Legitimation einer derartigen Abstimmung abgibt, weil die Menschen sich nicht in erster Linie als Europäer verstehen wollen, sondern als Franzosen, Briten oder Deutsche. Wenn die politischen Akteure trotz alledem so weiter machen sollten wie bisher und dabei den Mehrheitswillen ignorieren, laufen sie Gefahr, viele positive sowie von den meisten Menschen bisher sehr geschätzte Errungenschaften der Europäischen Union zu gefährden, weil auch sie dann eine Ablehnung infolge einer verstärkt um sich greifenden Europaskepsis erfahren könnten. Meine Hoffnung besteht darin, daß zum einen immer mehr Politiker zu der Überzeugung gelangen, daß man ohne oder gegen das eigene Volk dauerhaft keine erfolgreiche und schon gar nicht legitime Politik betreiben kann bzw. darf und zum anderen, daß die Menschen immer stärker ihre demokratischen Rechte einfordern.“ Nun, Anfang des Jahres 2013, finde ich im Zuge der schon einige Jahre andauernden Eurokrise viele meiner oben vor Jahren geäußerten Befürchtungen leider bestätigt. Aber anstatt eine Einsicht in die grundsätzlichen Fehlentwicklungen des bisher eingeschlagenen Weges zu erkennen, innezuhalten und umzukehren, wollen große Teile der politischen Elite in den meisten europäischen Ländern – leider auch und gerade in Deutschland – genau diesen falschen und undemokratischen Weg sogar noch verstärkt fortsetzen. Es ist wirklich ein Trauerspiel, das uns hier geboten wird!

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  • Einige gravierende Demokratiedefizite auf EU-Ebene:

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  • Einer für alle – alle für keinen

    Eine Glosse zur Eurokrise

    Es waren einmal zehn freie Städte vor vielen hundert Jahren irgendwo in Europa, die schon Jahrzehnte in einem gemeinsamen Handelsbund friedlich nebeneinander lebten. Obwohl sie miteinander Handel trieben und man sich gegenseitige zu Festen besuchte, war jede Stadt für das Wohlergehen ihrer Bürger selbst verantwortlich. Die Bürger jener Städte wählten ihre Bürgermeister und ihre Stadträte in freien Wahlen. Sie waren schließlich keine Untertanen mehr und wollten ihr Schicksal in eigener Verantwortung bestimmen.

    Aber es gab auch Unterschiede zwischen den Städten in diesem Handelsbund: Die größte und wohlhabendste lag im Norden. Dort waren die Bürger fleißig, sparsam und hatten viele er- findungsreiche Handwerker, deren Waren nicht nur in dem Handelsbund sondern weit darü- ber hinaus sehr gefragt waren. Die anderen neun Städte im warmen Süden, in denen die Bür- ger lieber mehr feierten als zu arbeiten und das Geld lieber ausgaben als es zu sparen, waren demzufolge nicht so wohlhabend. Das zeigte sich auch beim Wert des Geldes: Man muss wissen, dass jede Stadt ihr eigenes Geld druckte. Den Gegenwert dieser Geldscheine bildeten die Waren, die in einer Stadt hergestellt wurden. Somit begab es sich, dass das Geld der größten Stadt im Norden mehr wert war, als dasjenige in den südlichen Städten. Ebenfalls mussten die Bürger im Norden geringere Zinsen für Schulden bezahlen, weil man bei ihnen sehr sicher sein konnte, dass man sein Geld auch vollständig zum vereinbarten Termin zurückerhielt.

    Dies alles sahen die Bürger der neun südlichen Städte mit zunehmendem Unbehagen und schließlich Neid. Aber das zeigten sie natürlich nicht offen nach außen hin. Auch waren sie nicht bereit, so fleißig und sparsam zu leben, wie im Norden. Stattdessen heckten ihre Stadt- oberen bei einem geheimen Treffen einen raffinierten Plan aus:

    Da man natürlich nicht offen sagen konnte, dass die Stadt im Norden einfach so Geschenke an die südlichen Städte verteilen solle, schlug man etwas anderes vor: Alle zehn Städte des Städtebundes drucken nur noch gemeinsames Geld, dessen Ausgabe streng von einer gemein- samen Bank kontrolliert wird. So ließe sich doch viel besser Handel im Bund treiben, weil man beispielsweise nicht mehr die vielen verschiedenen Geldscheine bei Geschäften um- tauschen müsse. Und davon würde ja auch gerade die Stadt im Norden mit ihrem erfolg- reichen Handel ihrer gefragten Waren profitieren.

    Es war gemeinhin bekannt, dass die Bürger des Nordens zwar fleißig und sparsam waren und gut organisieren konnten, aber dafür in politischen Dingen eher als naiv galten. In diesem Punkt übertrafen die südlichen Bewohner und insbesondere ihre Stadtoberen die Kollegen im Norden bei weitem. Sie waren wirklich sehr schlau in diesen Dingen.

    Nach kurzer Zeit trafen sich bei einem offiziellen Treffen alle Stadtoberen, um den Vorschlag eines gemeinsamen Geldes, das den Namen ‚Euro’ tragen sollte, zu beraten. Dabei sicherten die Vertreter der südlichen Städte denjenigen des Nordens hoch und heilige zu, dass man nur ein gemeinsames Geld zum besseren gemeinsamen Handel drucken werde und ansonsten weiterhin jede Stadt selber für das Wohlergehen ihrer Bürger Sorge zu tragen hätte. Dies wurde dann auch feierlich in einem schriftlichen Vertrag festgehalten. Neben den gesparten Umtauschkosten stärke das gemeinsame Geld zusätzlich das Gemeinschaftsgefühl der zehn Städte dieses Bundes, wodurch der Frieden noch sicherer auch in Zukunft werde als dies ohnehin schon der Fall sei, so die Versprechen der Stadtoberen.

    Die Bürger in allen Städten feierten nun zunächst einmal diesen Vertrag und das neue Geld. Aber im Süden ging nach jener Feier die Party erst richtig los: Mit dem neuen Geld kauften sie kräftig im Norden viele heiß begehrte Waren. Und als ihnen das Geld ausging, liehen sie sich einfach welches. Denn nun bekamen sie aus aller Welt zu niedrigen Zinsen Kredit, weil viele Geldgeber gerade auch außerhalb des Städtebundes davon ausgingen, dass die große und wohlhabende Stadt im Norden für den Wert des neuen Gelds sowie letztlich auch alle Schul- den der Städte, die mit diesem Geld bezahlten, einstehen würden. Zunächst freuten sich auch viele Handwerker in der Stadt im Norden, weil sie noch mehr Waren verkauften als zuvor. Doch schon bald änderte sich die Lage schlagartig.

    Als ein reicher Geldgeber aus einer fernen Gegend außerhalb des Städtebundes den Bürger- meister und die Stadträte des Nordens besuchte, kamen auch die zunehmenden Schulden der südlichen Städte des Bundes zur Sprache. Dazu bemerkten die Stadtoberen des Nordens nur kurz, dass sie dafür nicht zuständig seien, da ja vertraglich geregelt sei, dass jede Stadt des Bundes selber ganz alleine für ihre Schulden geradezustehen habe. Das schockierte den Geldgeber doch sehr, und er informierte alle Welt darüber.

    Kurz darauf gab niemand mehr den südlichen Städten Kredit oder nur zu sehr hohen Zinsen. Man sagte, erst wenn die Stadt im Norden für alle Schulden im Süden mit ihrem ganzen Wohlstand bürgen würde, könne sich der Süden wieder neues Geld für niedrige Zinsen leihen. Der Schock in den südlichen Städten saß tief. Man befürchtete, den neu gewonnenen Wohl- stand preisgeben zu müssen. Es mussten Schuldige für die Misere gefunden werden.

    Viele Bürger der südlichen Städte beschwerten sich zunächst bitter darüber, dass die Stadt- oberen aus dem Norden dem reichen Geldverleiher aus einer fernen Gegend gesagt hatten, dass jeder für seine Schulden selbst hafte. Das habe das Vertrauen erst zerstört. Nun müsse der Norden dafür bezahlen. Außerdem habe er schließlich durch das neue Geld ja auch mehr Waren verkauft. Dass der Norden für jene Waren, die in den Süden gingen, nur mit geliehe- nem Geld bezahlt worden ist, für das man nun im Norden auch noch bürgen solle, verdrängten die Bürger aus dem Süden gerne Im Norden war man ebenfalls wütend: Schließlich habe man ja nur bezüglich der Schuldenhaftung die Wahrheit gesagt, so wie es im Vertrag steht. Eine ganze Weile ging es auf diese Weise hin und her.

    Um diesem Streit ein Ende zu bereiten, trafen sich alle Stadtoberen der zehn Städte, damit eine einvernehmliche Lösung gefunden werden konnte. Dabei drohten aber schon nach kurzer Zeit die Vertreter der südlichen Städte denjenigen aus dem Norden, dass das ganze gemein- same Geld seinen Wert verliere, wenn die südlichen Städte pleite gingen. Dann wären auch alle Ersparnisse der Bürger des Nordens auf einen Schlag weg. Es bleibe eben nur der Bruch des Vertrages als einzige Lösung übrig, so dass nun doch der Norden für die Schulden des Südens bürgen müsse. Um diesen Vorschlag den Vertretern des Nordens einigermaßen akzeptabel zu machen, versicherte man im Süden zweierlei: Die Bürger dort werden zukünftig viel fleißiger und sparsamer sein und bald auch keine neuen Schulden mehr machen. Es gehe nur um ein wenig Zeitgewinn, den man durch eine Bürgschaft des Nordens bekomme. In dieser Zeit dürften die Zinsen für bisher gemachte Schulden nicht zu sehr steigen, damit man seine Schulden besser abtragen könne. Der Norden müsse dafür ja nicht einmal selber Geld geben, sondern eben nur bürgen. Dann werde alles wieder gut. Zähneknirschend ließen sich die Stadtoberen aus dem Norden darauf ein. Sie hatten halt Angst davor, dass ansonsten alle Ersparnisse ihrer Bürger auf einen Schlag entwertet würden. Aber sie bestanden auf einer wirklichen durchgreifenden Änderung im Süden: Mehr arbeiten, mehr sparen, in absehbarer Zeit keine neuen Schulden. Auch das wurde wieder schriftlich in einem Vertrag festgehalten. Damit waren erst einmal die weltweiten Geldverleiher zufrieden gestellt. Aber im Süden waren die Menschen letztlich doch nicht bereit, so hart zu arbeiten und so sparsam zu leben wie im Norden. Gleichwohl wollten sie auf ihren neu gewonnen Wohlstand auch nicht ver- zichten. Außerdem fanden sie es anmaßend, sich vom Norden vorschreiben zu lassen, wie sie zu arbeiten und zu leben hätten. So machten sie heimlich weiter viele neue Schulden bei den Geldverleihern.
    Zusätzlich half ihnen auch die gemeinsame Bank, welche von Vertretern aus den Städten des Südens kontrolliert wurde. Obwohl diese gemeinsame Bank eigentlich laut Vertrag nur für das Drucken der Geldscheine und der Sicherung ihrer Wertstabilität zuständig war, fanden die aus dem Süden kommenden Vertreter trickreiche Wege zum Drucken von viel mehr Geld als eigentlich erlaubt war und gaben es den Südstädten. Der einzige Vertreter in diesem Bankrat, der vehement dagegen stimmte, stammte aus der Stadt im Norden. Aber gegen die neun Mitglieder des Rates aus dem Süden verlor er jede Abstimmung.

    Aber alles noch so geschickte Tricksen und Lügen sowie all die Vertragsbrüche konnten nur für kurze Zeit die Misere verdecken: Auf einmal flog der ganze Schwindel auf und alle Städte waren pleite, auch die im Norden. Dort verloren ebenfalls die Bürger ihre ganzen privaten Ersparnisse, weil das Geld nichts mehr wert war.

    Als ob das nicht genug wäre, wurden die Bürger aus der Stadt im Norden von jenen im Süden beschimpft, dass sie letztlich an allem Schuld seien und sie viel früher noch mehr hätten dem Süden von ihrem Wohlstand abgeben müssen. Diese unverschämten Vorwürfe erbitterten die Bürger des Nordens natürlich noch zusätzlich zu den verlorenen Ersparnissen. Man wollte mit denen aus dem Süden nichts mehr zu tun haben. Der Städtebund wurde im Streit aufgelöst und die friedlichen Zeiten des Miteinanders waren erst einmal vorbei.

    Und die Moral von der Geschichte ist, dass wenn einer für alle einstehen soll, am Ende keiner mehr für irgendeinen einsteht.

    So, oder so ähnlich wie in dieser Geschichte ist es teilweise bisher uns Deutschen in der Euro- krise ergangen. Nur dass uns das schlimme Ende noch droht!

     

     

  • Glosse zur Eurokrise

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